Durch ein System von Gräben wurde Wasser auf Wiesen geleitet. Die Gräben wurden hierfür solange geflutet bis das Wasser über den Rand „schwappt“ und sich flächig auf den Wiesen verteilte und den Wurzelraum der Pflanzen durchfeuchtete. Nicht aufgenommenes Wasser wurde in einem tiefer liegenden Graben aufgefangen oder floss direkt zurück in den Bach. Gespeist wurden diese Systeme aus Bächen, Quellen oder Weihern.
Hauptsächlich im Frühjahr und Sommer wurde Wasser mit Hilfe eines Hauptwehrs aus einem Bach abgezweigt und in einen oberhalb der Wiesen gelegenen Graben abgeleitet. Dort wurde das Wasser mittels weiterer Wehre angestaut und in Seitengräben gelenkt. Von dort durchfeuchtete es die Wiese.
Das Hauptwehr befand sich oft am Anfang einer Flussschlinge, etwa dort, wo sich der Fluss vom Steilufer löste. Von dort aus konnte man einen großen Teil der Wiesen auf der flachen Innenseite der Flussschlinge, dem so genannten Gleithang, mit einem horizontalen Kanal einfach erreichen.
Wie das Foto aus dem Ourtal zeigt, wurde dieses Prinzip auch bei den Wehren und Zuleitungen für die Wassermühlen sehr häufig angewendet. Bei den Mühlen erreichte man dadurch die maximale Fallhöhe.
In Seitentälern benutzte man ein einfaches Bewässerungssystem. Kleine Bäche wurden entlang der Tiefenlinie (Streckenabschnitt mit gleicher Wassertiefe) regelrecht kanalisiert. Von dort aus zweigte man zu beiden Seiten kleine, horizontale Gräben ab. Mit Grassoden wurde der Bach so aufgestaut, dass das Wasser sich in die Seitengräben verteilte und auf der gesamten Länge überlief. Auf diese Weise wurde unterhalb des Grabens ein Streifen Wiese gleichmäßig gewässert. Unterhalb dieses bewässerten Streifens wurden die nächsten Seitengräben angelegt. Dies wurde einige Male wiederholt. Der Bach in der Mitte und die Seitengräben bildeten am Ende eine Art Fischgrätmuster.
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Wiesenbewässerung in Seitentälern: Anlage im Fischgrätmuster -
Luftbild und LIDAR-Aufnahme des Rackebaachs mit erkennbaren Seitengräben die mit dem Bach das Fischgrätmuster bilden. (© by Naturpark Öewersauer)
Wichtigstes Werkzeug beim Anlegen der Gräben war das „Wiesenbeil“. Dafür wurden mit der Beilkante zwei Linien in der vorgesehenen Breite des Grabens in das Wiesenstück geschlagen und dabei die Grasnarbe durchtrennt. Das Mittelstück wurde zu viereckigen Rasenziegeln, den sogenannten Grassoden zerteilt und entnommen. Mit den Grassoden setzte man den Bach zu, wenn Wasser aufgestaut werden sollte. Zudem wurden sie für den Unterhalt der bestehenden Gräben benötigt.
Wenn der Bach genug Wasser führte, begann in den kleinen Tälern das Wässern der Wiesen bereits im Herbst und zog sich, nur vom Frost unterbrochen, bis ins Frühjahr hin. Erst vor dem „Heemoont“, (Heumonat Juli) wurde dann der Bachlauf komplett geöffnet, damit die Wiesen zur Heuernte trocken waren und das Heu an Ort und Stelle getrocknet werden konnte. Diese Wiesen wurden zusätzlich mit Asche gedüngt. Dadurch wurde zum Beispiel der „Weiße Klee“, eine begehrte Futterpflanze, gefördert.
In einigen kleinen Tälern, z.B. in der „Mouderbaach“ und im „Hondswénkel“ im Kiischpelt, wurden auch „Fléizweiher“ als Staubecken für die Wiesenbewässerung angelegt. Damit verfügte man in Trockenperioden über eine Wasserreserve. Man legte diese Weiher aber auch dort an, wo die Wassermenge für eine länger andauernde Wiesenbewässerung nicht ausreichte. Mit Hilfe des gestauten Wassers aus den Weihern konnte man die Wiesen dann zumindest zeitweise, zum Beispiel nach der Heuernte, bewässern.