Wasserkraft – Mühlen

Dass das Wasser gewaltige Kräfte besitzt wussten bereits die Römer, die schon im 3.Jh. v. Chr. mit Hilfe des Wassers Mühlräder angetrieben haben. Auch im Ösling hat die Nutzung der Wasserkraft eine lange Tradition. Entlang der Flüsse entstanden zahlreiche Mühlen, Stauwehre und Mühlgräben wurden angelegt. Die Mühlen dienten dem Mahlen von Getreide, als Walkmühlen für Textilien, zum Betreiben von Sägen oder als Lohmühle zum Zerkleinern der Eichenrinde. Nahezu alle Mühlen sind dem industriellen Fortschritt gewichen.

Bannmühlen der Mittelalters
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Die ältesten bekannten Belege über eine Mühle im Kiischpelt aus dem Jahr 1334 betreffen die „Rackésmillen“ in Enscherange. Weitere Mühlen waren die Lellinger, die Schuttburger, die Kautenbacher und die Merkholtzer Mühle. All diese Mühlen waren so genannte „Bannmühlen“.

Die Bannmühlen gehen auf ein Gesetz Kaiser Friedrich Barbarossas aus dem Jahr 1154 zurück. Sie waren seit dem Hochmittelalter ein wichtiges Element im Feudalsystem. Dieses Bannrecht brachte für die Müller, vor allem aber für die abhängigen Bauern, eine starke Einschränkung ihrer Freiheiten mit sich. Da Wasser und Wind den adligen Grundherren „gehörten“, hatten sie auch das alleinige Recht, Mühlen zu errichten und zu unterhalten. Bannmühlen waren demnach im Besitz der Grundherren, die sie an den jeweiligen Müller verpachteten. Für die von der Herrschaft abhängigen Bauern in den umliegenden Dörfern existierte ein strenger Mühlenzwang. Sie mussten ihr Getreide dort mahlen lassen und darüber hinaus auch „apperen“, d.h. sich an Unterhalts- und Bauarbeiten der den Bannmühlen beteiligen. Dies sicherte sowohl den Grundherren als auch den Müllern feste Einkünfte. Bei einem künstlich erhöhten Mahlpreis bedeutete dies sogar zusätzliche Einnahmen zu Lasten der Bauern. Allerdings durften die Müller auch nur für diese Bauern mahlen. Es war ihnen streng verboten, anderen Mühlen Kunden abzuwerben. Dies dürfte vor allem für die Bauern besonders problematisch gewesen sein, da sie sowohl beim Preis als auch in Bezug auf die Qualität ihres Brotgetreides völlig von einem einzigen Müller abhängig waren.

Ende der Feudalzeit
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Mit dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen im Jahr 1795 fand das Feudalsystem in Luxemburg sein Ende. Die Bauern erhielten ihre Freiheit und eigenes Land. Die Gewerbefreiheit wurde eingeführt und damit die Loslösung der Mühlen von den Grundherren. Spätestens 1824, in dem Jahr, in dem das luxemburgische Urkataster erstellt wurde, waren alle Mühlen in Privatbesitz. Die alte Kautenbacher Mühle am linken Ufer der Wiltz wurde um 1800 aufgegeben. Stattdessen errichtete die Familie Kneip die Kneipmühle an der Wiltz oberhalb des Dorfes. Wahrscheinlich entstanden etwa zur gleichen Zeit die Sägemühle in Wilwerwiltz sowie die Lohmühlen in Wilwerwiltz und Enscherange. Die Müller waren jetzt die Besitzer der Mühlen, sie arbeiteten als selbstständige Unternehmer auf eigene Rechnung und standen damit in einer direkten Konkurrenz untereinander. Die häufigen Besitzwechsel im 19. und 20. Jh. zeigen, dass dies für die meisten Müller aber kein gesichertes Auskommen oder gar Reichtum, sondern vielmehr einen ständigen Kampf um die wirtschaftliche Existenz bedeutete.

Vor etwa 100 Jahren gab es neun Mühlen im Kiischpelt:

  • Frères Millen (oberhalb von Enscherange)
  • Rackésmillen (Enscherange)
  • Lohmühle (Enscherange)
  • Lohmühle (Wilwerwiltz)
  • Sägemühle (Wilwerwiltz)
  • Lellinger Mühle
  • Schuttburger Mühle
  • Kneipmillen (Kautenbach)
  • Merkholtzer Mühle
Modernisierungswelle
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Mit dem Ende der Feudalzeit wurden die Bauern unabhängig und konnten sich ihre Mühle bzw. den Müller selbst aussuchen. Daraufhin wurden die Mühlen manchmal erweitert, quasi multifunktional gemacht. So konnte nicht nur Mehl gemahlen, sondern auch Holz gesägt oder Leder gewalkt werden. Die steigende Produktion in der Landwirtschaft, die größere Nachfrage nach Lebens- und Futtermitteln, neue technische Entwicklungen wie z.B. die Erfindung der Elevatoren, sowie der zunehmende Konkurrenzdruck und der Zwang zur Rationalisierung lösten Ende des 19. Jh./Anfang des 20. Jh. eine regelrechte Modernisierungswelle in den Mühlen aus. So erhielt die Schuttburger Mühle 1888 eine komplette neue Einrichtung mit einem oberschlächtigen Antrieb und zwei Mahlgängen. In der Folgezeit nahm anscheinend der Modernisierungsdruck und damit auch der Investitions- und Kapitalbedarf entscheidend zu. Neben der „Frèresmillen“ (1930) konnten sich nur die „Rackésmillen“ (1902, 1934) und die „Kneipmillen“ (1922, 1927) die erforderlichen Investitionen wie z. B. ein neues Mühlengebäude oder eine komplett neue Anlage mit neuen Mühlrädern bzw. Turbinen, Walzenstühlen, Elevatoren, Plansichtern, Sackaufzug usw. leisten.

In der „Rackésmillen“ ist diese Anlage von 1902 bzw. 1934 (Wasserrad und Transmissionen, Walzenstuhl, Elevator, Plansichter sowie der Sackaufzug), daneben aber auch der alte Mahlgang, bis heute funktionstüchtig erhalten.

Niedergang
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Ab dem 20. Jh. wurden im Zuge des Fortschritts viele Mühlen aufgegeben und nur wenige wurden anderen Nutzungszwecken zugeführt. Neben dem zunehmenden Konkurrenzdruck durch die großen, modernen Mühlen haben die Umstellung der Lebensgewohnheiten (die Menschen buken ihr Brot nicht mehr selbst) sowie die Mechanisierung in der Landwirtschaft zum Mühlensterben beigetragen. Die Einführung der Mähdrescher führte beispielsweise dazu, dass das Getreide nicht mehr sackweise abgefüllt, sondern vom Mähdrescher lose auf Anhänger verladen wurde und zum großen Teil direkt vom Feld in die Silos des Getreidehandels gelangte. Damit kamen die kleinen Mühlen, die für die Anlieferung des Getreides in Säcken eingerichtet waren, als Abnehmer nicht mehr in Frage. Die Bauern lagerten nur noch so viel Getreide ein, wie sie als Futter für ihr Vieh brauchten. Als sich die Bauern dann nach und nach auch noch elektrische Schrotmühlen anschafften, wurden die Mühlen endgültig überflüssig. Diese Entwicklung konnte auch im Kiischpelt beobachtet werden:

  • Die Lellinger Mühle stellte um 1910 und die Schuttburger Mühle spätestens 1918 ihren Kundenbetrieb ein.
  • Einige Mühlen erhielten in der Folgezeit Francisturbinen und einen Dynamo zur Stromerzeugung. Mit dem Strom aus der Lellinger Mühle wurden in Wilwerwiltz bis etwa 1930 ein elektrisch betriebenes Sägewerk sowie eine Reihe von Haushalten mit elektrischem Strom versorgt. In der Schuttburger Mühle wird bis heute mit einer Kaplanturbine aus dem Jahr 1978 Strom für den Eigenbedarf produziert.
  • Bereits 1933 stellte auch die Kneipmühle den Kundenbetrieb ein und konzentrierte sich bis 1968 auf den Handel mit Getreide, Futtermitteln und Dünger.
  • Nach dem zweiten Weltkrieg stellten auch die letzten drei Kiischpelter Mühlen (Merkholtzer Mühle (nach 1945), Frèresmillen (1947) und Rackésmillen (1954)) die Produktion von Brotmehl ein. Die Frèresmillen und die Rackésmillen produzierten bzw. verkauften noch bis 1968 Futtermittel.