Lohhecke – Eichenschälwald

Die Lohhecke ist eine besondere Form der Waldnutzung. Sie wird auch als Eichenschälwald oder Niederwald zur Lohegewinnung bezeichnet. Die Eichen der Lohhecke werden alle 15 bis 30 Jahre im Frühjahr gefällt, um die Eichenrinde, die so genannte Lohe, zu gewinnen. Lohe wurde und wird beispielsweise für die Gerbung von Leder verwendet. Das Fällen der Bäume nennt man auch „auf den Stock setzen“. Aus dem Wurzelstock bilden sich neue Triebe. Durch diesen Stockausschlag entsteht das für Niederwälder typische Bild von mehreren Stämmen, die aus dem gleichen Wurzelstock wachsen.

Lohhecke mit üppig entwickelter Krautschicht. © R. Clement
Geschichte der Lohhecke im Ösling
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Die ersten Lohhecken entstanden vor etwa 300 Jahren. Zu finden sind die Lohhecken fast ausschließlich im Norden des Landes, weil die nährstoffarmen Schieferstandorte des Öslings sich nur bedingt für eine landwirtschaftliche Nutzung eigneten. Der Eichenschälwald bot jedoch die Möglichkeit, auch diese vergleichsweise unproduktiven Böden gewinnbringend zu nutzen. Zu Beginn des 18. Jh. fand man heraus, dass sich das Tannin der Eichenrinde zum Gerben von Leder eignete. Im Jahre 1741 entstand in Clervaux die erste Gerberei des Öslings. Um 1830 existierten auf dem Gebiet des heutigen Großherzogtums etwa 100 Gerbereien, von denen der weitaus größte Teil im Norden des Landes lag. Allein in der Stadt Wiltz gab es zur damaligen Zeit 16 Gerbereien. Die eigentliche Blütezeit der Eichenschälwaldwirtschaft setzte aber erst 1842 mit dem Beitritt Luxemburgs zum Deutschen Zollverein (8. Februar 1842) ein, wodurch sich dem Land ein riesiges Absatzgebiet mit geschützten Preisen öffnete. Von diesem Zeitpunkt an war die Preußische Armee Hauptabnehmer der luxemburgischen Lederindustrie. Im Zuge der steigenden Nachfrage nach Gerbrinde wurden im Ösling große Flächen der ursprünglichen Buchenhochwälder abgeholzt und mittels Saat und Pflanzung von Eichen in Niederwald umgewandelt.

Entwicklung der Lohhecke
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1. Stadium:
frisch geschlagen
(frische Schlagflur)
Der Waldboden liegt frei, es gibt keine Bäume und Sträucher mehr. Erste, meist Licht liebende Kräuter und Gräser treten auf.
2. Stadium:
vor 2 – 3 Jahren geschlagen
(ältere Schlagflur)
Die Wurzelstöcke von Eichen, Hainbuchen, Hasel usw. schlagen wieder aus. Neben den Licht liebenden Gräsern und Kräutern treten Ginster und Brombeeren verstärkt auf.
3. Stadium:
vor 4 – 7 Jahren geschlagen
(Busch-Heide)
Die Stockausschläge werden größer und dichter, sie sehen aus wie Büsche. Die Licht liebenden Kräuter und Gräser werden langsam verdrängt.
4. Stadium:
vor 7 – 10 Jahren geschlagen
(Wald-Heide oder Dickung)
Die Stockausschläge wachsen weiter und werden immer mehr zu jungen Bäumen. Am Boden wird es immer schattiger. Typische Wald-Pflanzen treten auf.
5. Stadium:
Eichen-Niederwald
Nach frühestens 12 Jahren entwickelt sich ein richtiger Wald. Das Kronendach schließt sich, der Boden liegt jetzt meist im Schatten.
Entwicklungsstadien einer Lohhecke
Lebensraum für Pflanzen
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Eichenniederwälder weisen ein lichtdurchlässiges Laubdach und somit eine ziemlich üppig entwickelte Strauch- und Krautschicht auf.

Typische Pflanzen sind:

Die Gelbe Narzisse, auch als Osterblume oder „Lorblumm“ bezeichnet, gehört zu den bekanntesten Frühlingsblumen überhaupt. In Mitteleuropa beheimatet, ist sie heutzutage allerdings nur noch selten als Wildpflanze anzutreffen, weshalb sie seit 1986 unter Artenschutz steht. In Luxemburg kommt sie lediglich in den Lohheckengebieten des Kiischpelt in großer Zahl vor. Im Frühjahr kann man ein Meer von Narzissen auf dem Weg der „Via Botanica“ im „Lohr“ bei Lellingen bestaunen.

Wilde Narzissen auf dem Weg der Via Botanica bei Lellingen
Via Botanica
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Der 7,5 km lange naturkundliche Lehrpfad mit 25 poetischen und naturnahen Inszenierungen führt durch eines der schönsten und besterhaltenen Täler Luxemburgs. Der Weg berührt zahlreiche Standorte, z. B. Lohhecken, Eichen-Hainbuchenwald, Schonungen mit Nadelbäumen, Ginsterheiden, sonnige Felshänge und Wiesengründen. Das Gebiet ist bekannt für seine Pflanzenvielfalt und bietet einigen bedrohten Arten, die auf der „roten Liste“ stehen, die einzige in Luxemburg bekannte Heimat. Im Frühling locken die wilden Narzissen und die Küchenschellen zahlreiche Besucher an. Die Besucher sollen dazu angeregt werden, die Schätze der Natur selbst zu entdecken, sie bewusst zu sehen, genau zu betrachten und aufzuzeichnen.

Naturnahe, poetische Inszenierungen am Wegesrand
Lebensraum für Tiere
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Lohhecken bietet vielen Tieren einen abwechslungsreichen Lebensraum auf den einige Tierarten ganz besonders angewiesen sind. Dem scheuen Haselhuhn bietet die Lohhecke ideale Lebensbedingen mit einem optimalen Nahrungs- und Deckungsangebot. Leider sind in den letzten Jahren viele Lohhecken verschwunden oder vernachlässigt worden, so dass es mittlerweile keine gesicherten Nachweise für das Vorkommen dieser Art gibt.

Das Haselhuhn gehört zur Gruppe der Rauhfußhühner, erkennbar an den befiederten Füßen. Durch sein auf Grau-, Braun- und Rottöne basierendes Federkleid ist das scheue Haselhuhn optimal getarnt und schwer zu entdecken. Als Deckungsvogel hält es sich sehr viel am Boden auf und versteckt sich geschickt. Nur bei Gefahr fliegt es sofort auf. Dann ist auch die schwarze Schwanzbinde zu sehen. Im Gegensatz zur Henne besitzt das männliche Haselhuhn eine schwarze Kehle.

Steckbrief zum Haselhuhn aus der Tierfibel des Naturpark Our
Zukunft der Lohhecken
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Seit dem zweiten Weltkrieg wird im Ösling kaum noch Lohe produziert. Als ausländische Produkte und später chemische Gerbstoffe günstiger wurden, verlor die Lohe aus dem Ösling an Attraktivität. So begann man ab 1870, Wälder auf verhältnismäßig guten und flachen Standorten in landwirtschaftliche Flächen umzuwandeln, andere Flächen wurden gerodet, mit Nadelholz aufgeforstet oder aus Rentabilitätsgründen nach dem 2. Weltkrieg gar nicht mehr bewirtschaftet. Heute gibt es nur noch eine Handvoll Waldbesitzer, die die Eichenniederwälder traditionell nutzen. Die Genossenschaft „Bléi vum Séi“ verarbeitet seit 2004 Lohextrakte aus dem Kiischpelt in Kosmetik- und Naturheilprodukten. Viele Lohhecken sind mittlerweile so alt, dass nicht klar ist, welche Zukunft sie haben werden. Man ist jedoch bestrebt, die Lohhecken als Kulturerbe zu erhalten.