Verarbeitung der Lohe

Wegen ihres hohen Gehalts an Gerbstoffen verwendete man die Rinde verschiedener Eichenarten früher größtenteils zum Gerben von Leder. Mittlerweile wurde die Eichenrinde in der Lederindustrie größtenteils durch künstliche Gerbstoffe ersetzt. In der Naturheilkunde besitzt sie aber nach wie vor Bedeutung als Mittel gegen entzündliche Hauterkrankungen, auch im Mund- und Rachenbereich, oder gegen Durchfall.

Gerbstoffe
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Gerbstoffe, die auch als Tannine bezeichnet werden, zeichnen sich chemisch dadurch aus, dass sie sich mit Eiweißen verbinden, was zu erheblichen Änderungen der Eigenschaften der Eiweiße führt. Abgezogene Tierhaut wird dadurch zu Leder, einen Prozess, den man als „Gerben“ bezeichnet. Gerbstoffe kommen in Blättern, Hölzern, Rinden, Früchten und Wurzeln von Pflanzen vor wie zum Beispiel in Eichen, Kastanien, Fichten, Mimosen, Tee- und Kaffeepflanzen. Im Ösling liefert die Rinde junger Eichen das Ausgangsmaterial für die Gerbstoffgewinnung. Dabei spielt es entgegen der früheren Auffassung keine Rolle, ob es sich um Trauben- oder Stieleichen handelt. Wichtig ist aber, dass die Bäume noch keine grobe, rissige Borke entwickelt haben, da die Glanz- oder Spielgelrinde junger Eichen einen deutlich höheren Gerbstoffgehalt (bis zu 15 %) aufweist.

Altgrubengerbung
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Bei der traditionellen Pflanzengerbung in Gruben wird mit rein pflanzlichen Gerbstoffen gearbeitet. Man verzichtet auf alle gerbbeschleunigenden Zusätze. Außerdem wird während der eigentlichen Gerbung die Haut nicht bewegt und die Temperatur nicht von außen erhöht. Die Gerbung umfasst folgende Arbeitsschritte:

Die Crouponage

Bei allen Gerbverfahren müssen die Häute für das eigentliche Gerben vorbereitet werden. Das beginnt mit dem Zuschnitt, der so genannten Crouponage. Die Haut von Säugetieren besteht aus drei Hauptschichten: der Oberhaut (Epidermis), der Lederhaut (Dermis oder Corium) und Unterhaut (Subcutis). Die Oberhaut ist die eigentliche äußere Schutzhülle. Die Unterhaut enthält neben den größeren Blutgefäßen, Nerven, Sinneszellen, Fett und lockeres Bindegewebe. Für das Leder verwendet man nur die mittlere Schicht, die Lederhaut. Sie besteht zum größten Teil aus Bindegewebsfasern, die wiederum zum größten Teil aus Kollagen bestehen, dem häufigsten Eiweiß überhaupt. Kollagenfasern sind enorm zugfest und lassen sich nicht dehnen. Diese Fasern halten den Körper sozusagen zusammen. Aus Kollagen (in Knochen) kann man auch Leim herstellen. Daher kommt der Name für dieses Eiweiß.

Die Wasserwerkstatt

Da nur die Lederhaut verwendet wird, müssen vor dem Gerben sowohl die Oberhaut als auch die Unterhaut mit allen Fleischresten entfernt werden. Dies erfolgt in der Wasserwerkstatt. In der „Weiche“ wird die Haut gewaschen, Verschmutzungen werden so entfernt. Gleichzeitig nimmt die teilweise angetrocknete Haut Wasser auf und wird dadurch wieder flexibler. Anschließend wird die Haut in Kalkmilch, also in einem alkalischen Milieu, eingelegt („geäschert“). Hier setzt ein Fäulnisprozess ein, durch den sich innerhalb von etwa 12 Stunden die Haare von der Haut lösen. Nächster Schritt ist die Entfernung der letzten Fleisch- und Fettreste sowie der Unterhaut. Früher wurden die Häute dazu auf einen schräg gestellten Stamm, den sogenannten Gerberbaum gelegt. Fleisch- und Fettreste wurden dann von Hand mit Hilfe eines speziellen Messers, dem Scherdegen, entfernt. Heute verwendet man eine Entfleischungsmaschine, in der ein Messerzylinder mit ca. 1.800 U/min rotiert. Schließlich werden die Häute in der Streichmaschine auch auf der Narbenseite (Oberseite) endgültig vom „Gneist“, also von der Hornschicht, den Haarwurzeln und Pigmentresten gereinigt.

Die Häute sind nun sehr stark aufgequollen und alkalisch. In der „Neutralisierungs- und Entkalkungshaspel“ werden die Äscherchemikalien entfernt und die Haut in einen neutralen pH-Wert überführt. Sie erhält wieder ihren natürlichen Quellungszustand und kann so im weiteren Verlauf der Gerbung die Gerbstoffe überhaupt erst aufnehmen. Die Häute verlassen als weiße, glatte Blöße“ die Wasserwerkstatt.

Die Gerbung

Der „Farbengang“ nimmt etwa vier Wochen in Anspruch. Mit Hilfe von immer konzentrierterer Gerbbrühe werden die Kollagen-Fasern der Haut geöffnet und so darauf vorbereitet, die Gerbstoffe aufzunehmen. Danach werden die Häute zweimal für sechs Wochen mit jeweils einer Zwischenlage Lohe in der Gerbbrühe versenkt. Zur anschließenden eigentlichen Gerbung werden die Häute mit jeweils einer Zwischenschicht Gerbstoffen in etwa drei Meter tiefen Eichenholzgruben aufgeschichtet. Erst zum Schluss wird die Grube mit Gerbbrühe aufgefüllt. Je nach Dicke bleiben die Häute für neun bis zwölf Monate in diesen Gruben. Damit dauert der gesamte Gerbprozess zwölf bis 15 Monate.

Trocknung und endgültige Zurichtung

Wenn das Leder „gar“ ist, wird es zugerichtet. Zunächst werden letzte Fleisch- und Gewebereste entfernt. Überschüssige Flüssigkeit wird herausgepresst („abwelken“) und das Leder schließlich von beiden Seiten her in einer Trommelstoßmaschine geglättet. Dann wird das Leder eingeölt, damit es flexibler und geschmeidiger wird, und zum Trocknen aufgehängt. Dabei muss einerseits die Belüftung kontrolliert werden, anderseits wird auf eine zusätzliche Heizung verzichtet. Für das anschließende Walzen wird das Leder etwas angefeuchtet, anschließend noch einmal abgelüftet, schließlich nachgeschnitten und in die handelsübliche Form gebracht.

In Form geschnitten ist das Leder versandfertig.
Das Leder

Das mit Lohe gegerbte Leder hat ein schönes Narbenbild und einen warmen, holzähnlichen Ton. Es ist extrem abriebfest, zäh und dabei flexibel, stark wasserabweisend und atmungsaktiv. Es absorbiert Fußschweiß und wirkt durch die eingelagerten Gerbstoffe desodorierend und keimtötend. Deshalb eignet es sich sehr gut als Sohlenleder, sowohl für Lauf- als auch für Brandsohlen, für Vorder- und Hinterkappen sowie für den Einsatz im orthopädischen Bereich.

Kosmetik und Naturheilkunde
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Bei den Anwendungen in der Körperpflege und der Naturheilkunde bewirken die Gerbstoffe der Eichenrinde, dass sich kleine Verletzungen der Haut oder der Schleimhäute schließen und so gleichzeitig nach außen hin geschützt werden. Dadurch sind sie z. B. für Bakterien nicht mehr zugänglich. Die Reaktion hat damit auch eine entzündungshemmende Wirkung. Im Ösling wird Lohextrakt seit 2004 in Produkten der Genossenschaft „Bléi vum Séi“ verwendet (Kosmetikprodukte und Lohebonbons (Loumellen). Die Lohe hierfür stammt aus Wilwerwiltz.