Als etwa zu Anfang des 16. Jh. die Ortschaften der Ardennen häufig durch umherstreifende Räuberbanden beunruhigt wurden, machte es sich der damalige Herr von Schieburg zur Aufgabe, mit aller Macht gegen dieselben loszuziehen. Wegen dieses Vorgehens beschlossen verschiedene Räuberanführer, Rache an genanntem Herrn zu nehmen.
Eines Abends kamen zwei Männer in Mönchskutten auf der im wildromantischen Ourthale gelegenen Burg Falkenstein an und begehrten dort zu übernachten. Der Burgherr, welcher für Geistliche und Ordensleute eine hohe Achtung hatte, nahm sie freundlich auf und ließ sie auf’s Beste bewirten.
Am anderen Tage erklärten die beiden angeblichen Mönche, dass sie nach der Schieburg zu reisen beabsichtigten, dass sie aber des Weges nicht recht kundig wären. Der Her von Falkenstein beorderte nun seinen Kammerdiener, ein Junge von etwa 16 bis 17 Jahren, ihnen zum Wegweiser zu dienen.
Dieser Junge war ein geborener Italiener, da er aber schon mehr als drei Jahre in des Falkensteiners Dienste war, so redete er die deutsche Sprache fließend. Unterwegs führten die beiden verkappten Mönche in italienischer Mundart ihr Gespräch, ohne weiter auf ihren Begleiter zu achten. Als sie nun so etwa drei Stunden zurückgelegt hatten, fragten sie ihren Wegweiser, wie weit es noch bis zur Schieburg sei. Nachdem dieser ihre Frage beantwortet und ihnen die Richtung des Weges angegeben, fragte ihn einer, ob er kein Italienisch verstehe. Der junge Bursche verneinte es. Wohlan, sprach der andere Mönch auf Italienisch: „Du bist glücklich, mein Junge, dass du kein Italienisch verstehst, andernfalls hätten wir dir das Heimkehren verleiden müssen.“ Sie entließen nun denselben, ihm auf’s freundlichste für seine Dienste dankend.
Kaum war der junge Führer zu seinem Herrn nach Falkenstein zurückgekehrt, als er ihm getreulich Bericht über die Unterhaltung der beiden Mönche erstattete. Durch diese Unterhaltung hatte er herausbekommen, dass jene vorgegebenen Mönche nichts mehr und nicht minder als zwei Räuber-Anführer waren, welche mit ihren Spießgesellen Rache an dem Herren von Schieburg zu nehmen beabsichtigten. Gemäß ihrem Vorhaben sollten sie sich vom Schieburger gastfreundlich aufnehmen lassen, ihren Spießgesellen, welche sich in den umliegenden Wäldern im Hinterhalt befanden, durch ein verabredetes Zeichen andeuten, dass alles bereit sei; in der Nacht denselben heimlich das Schlosstor öffnen, dann über die Bewohner während des Schlafes herfallen, sie alle niedermachen um dann das Schloss zu plündern.
Was war nun zu tun? Es war bereits Nacht und ehe ein Boote von Falkenstein Schieburg erreichen konnte, hätte das Unglück schon geschehen sein können. Des Falkensteiners Töchterchen wusste Rath. „Vater“, sprach sie, „du weißt, dass mir neulich meinen geliebte Freundin Adelheit von Schieburg eine Taube geschenkt; wenn wir dieser ein Warnungsbriefchen an den Hals hingen und sie fliegen ließen, ich wette, dass sie schnurstracks nach Schieburg zurückfliegen würde.“ Gesagt, getan! Dem Täubchen wurde ein Warnungsbrief an den Hals gehängt und man ließ sie fliegen.
Mittlerweile waren unsere sauberen Mönche auf Schieburg angekommen. Sie wurden dort liebreich aufgenommen und ließ ihnen der Schlossherr ein herzhaftes Abendmahl bereiten. Kurze Zeit nach dem Nachtessen klagten Beide über Müdigkeit und verlangten zu Bette zu gehen. Man willfahrte ihrem Wunsche.
Als nun der Schieburger mit seiner Tochter allein im Salon unter heiterem Gespräche saß, schwirrte auf einmal etwas am Fenster. Beide schauten erstaunt auf. „Wie“, sprach der Herr, „ist das nicht eine Taube?“ „Freilich“, sagte die Tochter, „und irre ich mich nicht, so ist es die Taube, die ich dem Falkensteiner Fräulein geschenkt; aber was hat sie am Halse?“ Das Fenster wurde geöffnet und man hatte gar keine Mühe, das zutrauliche Tierchen einzufangen und ihm seine Botschaft abzunehmen. Nach vorgenommener Durchlesung des Briefes sahen sich Vater und Tochter erschrocken an. „Soll es denn wirklich wahr sein?“, sprach der Vater, „dass in diesen angeblichen Mönchen Räuberanführer stecken!“ „Vater“, sprach die Tochter, „beim ersten Anblick beargwohnte ich diese Mönche; wir müssen auf unserer Hut sein.“ „Ja“, sprach der Vater, „jetzt da wir gewarnt sind, haben wir nichts mehr von ihnen zu fürchten, ich will Maßregeln treffen, vermittelt welchen ich der ganzen Bande habhaft werden kann.“
Der Herr weckte nun alle seine kampffähigen Leute in aller Stille, bewaffnete sie und bereitete sie auf den Angriff vor; dabei verhielt man sich so ruhig, als wenn nicht das Geringste im Schloss vorgefallen wäre.
Um Mitternacht verließen unsere Mönche heimlich ihr Schlafgemach, begaben sich nach dem Schlosshofe und öffneten geräuschlos die Tore, vor welchen schon ihre Spießgesellen harrten. Ruhig überschritten sie den Hof, um in’s Schloss einzudringen.
Auf einmal klappte das Tor mit großem Gepolter zu und wurde den Räubern ein donnerndes Halt zugerufen. Nun fielen die Leute des Schieburger’s mir aller Kraft über sie her. Ein heftiger Kampf entspann sich, aus welchem nach Verlauf einer halben Stunde die Burgleute als Sieger hervorgingen. Bis an die dreißig Räuber waren tot und wurde der überlebende kleinere Rest gefangen genommen und den Gerichten übermittelt. Aber auch einige der Burgleute waren getötet worden, andere schwer oder leicht verwundet.
(Aus der Ardenner Zeitung, 1891; abgedruckt in Biller aus der Gemeng Kautebach, 2001)